Als noch Junggeselle reiste Herbert Ginsberg mit seinem Bruder Edgard Ginsberg 1907/8 ein Jahr um die Welt, die ihn nach Ostasien führte. Die vielen Impressionen der Reise werden in seinen Tagebüchern festgehalten. Darin wird der Eindruck gewonnen, dass ihn dort die Sammelleidenschaft regelrecht packt und er anfängt, gezielt für den Aufbau seiner Sammlung einzukaufen.
Nach seiner Reise baut Herbert Ginsberg durch internationale Ankäufe bis mindestens November 1929 auf Auktionen und bei Händlern seine Sammlung weiter aus, was aus seinem selbstgestalteten schriftlichen Katalog (Nov. 1929) aus dem Nachlass Gilbert Family Collection im Leo Baeck Institut New York hervorgeht.
Ginsberg hatte bereits seit Anfang des 20sten Jahrhunderts engen Kontakt zu zahlreichen Experten für Ostasiatische Kunst. 1910 wurde er von Wilhelm von Bode und Otto Kümmel als Fördermitglied für die ostasiatische Kunstabteilung der staatlichen Museen zu Berlin gewonnen und gehörte ab 1924 bis zu seiner Flucht 1938 zu ihrer Expertenkommission. 1926 war er Gründungsmitglied und Schatzmeister der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst. Im April 1938 war er gezwungen sein Amt als Schatzmeister an Hermann Josef Abs abzugeben. Mit dem Reichsbürgergesetz (1935) wurden ab Juni 1938 all diejenigen aus der Gesellschaft ausgeschlossen, die nicht als Reichsbürger eingestuft werden konnten. Dies betraf alle Juden und damit auch Herbert Ginsberg. 28 Jahre gegenseitigen Vertrauens und des Austauschs unter Experten wurden damit zunichte gemacht.
Herbert Ginsberg und seine Frau Olga lebten bis zum 7. Juli 1938 in Berlin. Verfolgungsbedingt flüchteten sie über die Schweiz in die Niederlande, wo sie auf eine Ausreisegenehmigung nach Amerika warteten. Ihre gemeinsame Tochter Marianne war bereits im Frühjahr 1938 nach New York geflohen.
Auf die Flucht nahm Ginsberg Teile seiner Ostasiatica-Sammlung mit, von denen 136 Stücke von 1939-1941 vorerst als Leihgabe im Gemeentemuseum/Kunstmuseum Den Haag verblieben. Aus neuesten Erkenntnissen geht hervor, dass Ginsbergs Sammlung, die Ende 1929 931 Objekte umfasste, zum Zeitpunkt der Beschlagnahme 1942 bereits auf 380 Stücke dezimiert worden war. Es stellt sich also die unabdingbare Frage, was mit den 551 Ostasiatica zwischen 1929 und 1942 passiert ist? Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass Ginsberg sie über den Kunstmarkt verkaufte. Weiterhin stellt sich die Frage, unter welchen Umständen es möglich war, den verbliebenen Teil der Sammlung 1938 aus dem Deutschen Reich auszufahren?
Als am 10. Mai 1940 das Deutsche Reich die Niederlande besetzte und begann Kunstwerke zu beschlagnahmen, waren auch die 136 Ostasiatica im Gemeentemuseum/Kunstmuseum nicht mehr in Sicherheit. Im Februar 1941 riet Herr van Thienen, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums, die Sammlung zu entfernen. Ginsberg entschied sodann, die Sammlung seinem guten Freund Johan Christiaan van Dijk in die Obhut zu geben. Die 380 Sammlungsstücke wurden in 13 unterschiedliche Kisten verstaut.
Das Paar Ginsberg bekam im August 1942 einen Bescheid zum Abtransport ins Amsterdamer Ghetto, dem es mit dem Prinzip „Aide-toi et Dieu t‘aidera“, wie Ginsberg in seinem Bericht über die Zeit im Untergrund selbst beschreibt, durch Abtauchen entkam. Eine Ausreise nach Amerika war unmöglich geworden und so entschieden sie sich in Zeist versteckt zu halten. Dort lebten sie unbemerkt bis Kriegsende. Nach der Befreiung 1945 erfuhr Herbert Ginsberg, dass kurz nach seinem Untertauchen im August 1942 bei einer Durchsuchung in Van Dijks Haus die Sammlung durch den Sicherheitsdienst der SS beschlagnahmt worden war. Ende Dezember 1945 wurde 61 Sammlungsstücke auf einem Dachboden in Velp bei Arnheim gefunden. Die Objekte wurden an Herbert Ginsberg restituiert. 1946 wanderte das Paar nach New York aus, wo sie ihren Nachnamen in Gilbert ändern ließen.
Bereits im August 1945 meldet Ginsberg seinen Verlust beim Office of Military Government for Germany (OMGUS) und der niederländischen Organisation Stichting Nederlandsch Kunstbezit (SNK) in Amsterdam an. Außerdem wurde er in die Listen der Robert Commission aufgenommen. Herbert Ginsberg stellte 1957 mit Inkrafttreten des Bundesrückerstattungsgesetzes für 284 Sammlungsobjekte einen Antrag auf Wiedergutmachung. Der Antrag wurde am 13. September 1961, ein Jahr vor seinem Tode, zu 50 Prozent bewilligt.
Die Bedeutung Ginsbergs Ostasiatica-Sammlung und seiner Expertise zeigt sich darin, dass er für zahlreiche nationale und internationale Ausstellungen als Leihgeber fungierte.
1912 wurden erstmals 14 Sammlungsstücke in der Ausstellung alter ostasiatischer Kunst in der Akademie der Künste Berlin gezeigt, von denen der Großteil Farbholzschnitte waren. 1929 wurden 21 Objekte in der international aufgestellten Ausstellung Chinesischer Kunst in der Akademie der Künste zur Schau gebracht. Auch 1934 waren in der Ausstellung sechs Jahrhunderte Töpferkunst in Berlin Stücke aus seiner Sammlung zu sehen. 1935 tätigte er mit den Ausstellungen International Exhibition of Chinese Art in der Royal Academy of Arts in London und der Ausstellung der Kunst des alten Japans im Kunstgewerbemuseum Basel internationale Leihgaben. Während seines Exils in den Niederlanden gab Ginsberg 1939 eine Ausstellung Netsuke uit de collectie G. [Netzuke aus der Sammlung Ginsberg], in der Galerie von Felix Tikotin in Den Haag und verlieh zudem von 1939 – 1941 dem Gemeenten Museum heute Kunstmuseum ebenfalls in Den Haag 136 Objekte.
Institutionelle Spuren von Objekten aus der Ginsberg-Sammlung wurden bisher im Gemeentemuseum/Kunstmuseum Den Haag und dem Museum Rietberg in Zürich gefunden. Wie Recherchen ergaben, schenkte Ginsberg 1941 dem Gemeentemuseum/Kunstmuseum Den Haag zum Dank der Inobhutnahme seiner Sammlung zwischen 1939-1941 drei Objekte. Es handelt sich dabei um eine Bronzeglocke und zwei Grabplastiken, die sich nach wie vor dort befinden.
Bereits im August 1945 meldet Ginsberg seinen Verlust beim Office of Military Government for Germany (OMGUS) und der niederländischen Organisation Stichting Nederlandsch Kunstbezit (SNK) in Amsterdam an. Außerdem wurde er in die Listen der Robert Commission aufgenommen. Herbert Ginsberg stellte 1957 mit Inkrafttreten des Bundesrückerstattungsgesetzes für 284 Sammlungsobjekte einen Antrag auf Wiedergutmachung. Der Antrag wurde am 13. September 1961, ein Jahr vor seinem Tode, zu 50 Prozent bewilligt.
Die Bedeutung Ginsbergs Ostasiatica-Sammlung und seiner Expertise zeigt sich darin, dass er für zahlreiche nationale und internationale Ausstellungen als Leihgeber fungierte.
1912 wurden erstmals 14 Sammlungsstücke in der Ausstellung alter ostasiatischer Kunst in der Akademie der Künste Berlin gezeigt, von denen der Großteil Farbholzschnitte waren. 1929 wurden 21 Objekte in der international aufgestellten Ausstellung Chinesischer Kunst in der Akademie der Künste zur Schau gebracht. Auch 1934 waren in der Ausstellung sechs Jahrhunderte Töpferkunst in Berlin Stücke aus seiner Sammlung zu sehen. 1935 tätigte er mit den Ausstellungen International Exhibition of Chinese Art in der Royal Academy of Arts in London und der Ausstellung der Kunst des alten Japans im Kunstgewerbemuseum Basel internationale Leihgaben. Während seines Exils in den Niederlanden gab Ginsberg 1939 eine Ausstellung Netsuke uit de collectie G. [Netzuke aus der Sammlung Ginsberg], in der Galerie von Felix Tikotin in Den Haag und verlieh zudem von 1939 – 1941 dem Gemeenten Museum heute Kunstmuseum ebenfalls in Den Haag 136 Objekte.
Institutionelle Spuren von Objekten aus der Ginsberg-Sammlung wurden bisher im Gemeentemuseum/Kunstmuseum Den Haag und dem Museum Rietberg in Zürich gefunden. Wie Recherchen ergaben, schenkte Ginsberg 1941 dem Gemeentemuseum/Kunstmuseum Den Haag zum Dank der Inobhutnahme seiner Sammlung zwischen 1939-1941 drei Objekte. Es handelt sich dabei um eine Bronzeglocke und zwei Grabplastiken, die sich nach wie vor dort befinden.
Weitere 31 Sammlungsstücke aus dem Nachkriegsbestand der Ginsberg-Sammlung befinden sich im Rietberg Museum in Zürich. Die Sammlungsstücke sind von Marianne Gilbert (früher Ginsberg) dem Museum in den 1970/80er Jahre teils geschenkt und teils verkauft worden. Der Großteil der Objekte, die sich hier befinden, sind mit einem charakteristischen „G“ und einer Nummer markiert. Daneben ist auf vereinzelten Stücken eine „GIL“ Markierung vorzufinden, ebenfalls von einer Nummer begleitet. Ersteres weist mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Inventarnummer des Vorkriegsbestands hin (G für Ginsberg), während letzteres GIL (GIL für Gilbert – Familiennamen, den Ginsberg 1946 nach seiner Übersiedlung in die USA annahm), den Nachkriegsbestand markiert.
Es besteht die Hoffnung, dass Forschungen zum Kontext der Beschlagnahmung der Sammlung sowie zum Kunstmarkt während der deutschen Besatzungszeit in den Niederlanden Aufschlüsse über mögliche Wege geben, die die Sammlung nach ihrer Konfiszierung genommen haben könnte. Aus diesem Grund wird in der Recherche auch den Biografien der Personen nachgegangen, die gemäß der Eidesstattlichen Erklärung im WG-Antrag an der Beschlagnahmung beteiligt oder anwesend gewesen sind. Diese waren:
Bei Herbert Ginsbergs Freund Johan Christiaan van Dijk lagerte in Rotterdam bis zu ihrer Beschlagnahme die Sammlung. Er war Bankier und laut Ginsberg im Widerstand gegen die deutsche Besatzung tätig.
Friedrich Wilhelm Ohlendorf, der ab November 1941 SS-Rottenführer in Den Haag war und im Verwertungssystem beschlagnahmter bzw. geraubter Güter in den besetzten Niederlanden eine zentrale Rolle gespielt hat. Karl August Schmidt arbeitete als Polizeisekretär bei der Gestapo ebenfalls in Den Haag. Über seine Rolle im Verwertungssystem geraubter Güter herrscht noch Unklarheit. Frau J. de Meester soll Advokatin und ebenfalls an der Beschlagnahme der Sammlung beteiligt gewesen sein. Leider konnten über diese Person keine Daten gefunden werden.
In der WG-Akte erwähnt Ginsberg zudem, dass Leopold Reidemeister, Kunsthistoriker und ab 1957 Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin-West, vom Verbleib seiner Sammlung wüsste. Aus diesem Grund wird auch er in die Recherche einbezogen.
Die Herausforderung der Recherche liegt weiterhin darin, den Sammlungsbestand vor 1933 zu rekonstruieren und nach Hinweisen auf NS-verfolgungsbedingten Entzug nach dem 30. Januar 1933 zu überprüfen.
Make it stand out.
Herbert Ginsberg wurde am 27. September 1881 als zweiter Sohn des Großindustriellen Dr. Jsidor Ginsberg und Anna geb. Wolff in Berlin geboren.1 Nach seiner Promotion in Jura war er in den Familienbetrieben, den Textilfabriken in Polen und in der Privatbank Gebrüder Ginsberg, die 1866 in Berlin gegründet worden war, tätig. 1910 heiratete er Olga geb. Lachmann und bekam mit ihr ein Jahr später eine Tochter mit Namen Marianne Ginsberg.2 Olga geb. Lachmann war die Schwester von Hans Lachmann-Mosse, der Schwager des Verlegers Rudolf Mosse.
Als noch Junggeselle reiste Herbert Ginsberg mit seinem Bruder Edgard 1907/1908 ein Jahr um die Welt, die ihn nach Ostasien führte. Die vielen Impressionen seiner Reise werden in seinen Tagebüchern festgehalten.3 Darin wird der Eindruck gewonnen, dass ihn auf dieser Reise, die Sammelleidenschaft regelrecht packt und er anfängt, gezielt für den Aufbau seiner Sammlung einzukaufen.
1 Vgl. Standesamt Berlin I: Geburtsurkunde Herbert Ginsberg. Nr. 1512/1881.
2 Vgl. Lebenslauf Herbert Ginsberg, 29. Juli, 1941, in: Leo Baeck Institute New York (LBI/NY), Gilbert Family Collection, AR 1028/MF 818, box 2, folder 8, undatiert.
3 Vgl., Reisetagebücher, in: LBI/NY, AR 1028/MF 818, Box 3, folder 1, 1901-1909.
Orientiert man sich an den Angaben dieses Kataloges erkennt man, dass Ginsberg europaweit vernetzt war. Er erwarb Porzellan bei Bluett in London und Demotte in Paris, eine Bronze bei Vecht in Amsterdam und unterschiedliche Ostasiatica aus der Sammlung Pettenegg in Wien. Die für ihn wichtigsten Händler waren allerdings in Deutschland, und vor allem in Berlin angesiedelt. Ginsberg kaufte oft bei den Firmen Glenck, R. Wagner und bei Rex & Co.in Berlin ein. Gelegentlich ersteigerte er Objekte auf Auktionen bei Lepke und China-Bohlken. Ankäufe wurden ebenfalls bei Konietzko in Hamburg, der Firma H. Meyl in München und beim Auktionshaus Helbing in Frankfurt am Main getätigt. Wie aus dem hier genannten Katalog hervorgeht, kamen 1927 durch Otto Kümmel und 1929 durch Edgar Gutman in Ostasien, nochmal einige Objekte in die Sammlung. Selbst erwarb er Objekte auf seiner Reise in Japan bei der Schwertzieratenhandlung1 Amiya, bei Paul Vautier, dem Grafen Meida und Hayashi. Nach jetzigem Wissensstand wurde das letzte Objekt im November 1929 erworben. Zu diesem Zeitpunkt hatte seine Sammlung einen Umfang von 931 Objekten aus verschiedenen Regionen Ostasiens.
1 Japanisches Waffengeschäft